Anarchosyndikalismus und Tierleid

Was heißt das im Gewerkschaftsalltag?

Gerade weil die eigenen Privilegien gegenüber ausgebeuteten Tieren noch viel selbstverständlicher und naturgegebener erscheinen als andere Herrschaftsideologien, müssen wir den Diskurs mit unseren Mitmenschen darüber mit viel Geduld und Feingefühl pflegen. Die oben beschriebenen Missstände zeigen aber auch auf, dass der Boykott der Tierausbeutungsindustrie und der gewerkschaftliche Kampf aktuell eine Menge Anknüpfungspunkte haben.

Wenn sich Arbeitende der Fleischindustrie hilfesuchend an uns wenden, wird es immer wieder Austausch über die Branche an sich geben. Arbeitskämpfe und Solidarität in der Branche können auch genutzt werden, um die allgemeine Kritik an Tierausbeutung zu veröffentlichen. Für viele tierrechtlich überzeugte FAU-Mitglieder ist dies sicher auch eine Vorbedingung, um solche Konflikte überhaupt mit zu tragen. Auch arbeiten viele nicht freiwillig in dieser Branche, gut organisierte Syndikate sollten Übersichten über freie Stellen haben und Kolleg_innen den Jobwechsel ermöglichen können.

Bei der derzeitigen Ausgestaltung der Tierindustrie wäre zu erwägen, ob mensch nicht auch aus gewerkschaftlichen Gründen die Forderung radikaler Tierrechtler_innen nach einem konsequenten Angriff und einer militanten Sabotage (zumindest) der Fleischbetriebe unterstützen kann. Wie dargelegt, kann es eine gesundheitlich vertretbare Schlacht-Tätigkeit für die Arbeitenden nicht geben, nur logisch wäre deshalb die Konsequenz gesundheitlich weniger riskante, faire Jobs in der vegetarischen Nahrungsmittelproduktion zu fordern und zu fördern. Dazu gehört auch der politische Kampf gegen eine Subventionierung der Fleischwirtschaft.

Aber auch in unseren Branchenorganisationen im Einzelhandel, in der Gastronomie oder in den Kantinen unserer sonstigen Betriebe können wir durchaus ein Mindestmaß (oder mehr) an veganem Angebot durchsetzen – ebenso wie wir das auch mit fairen und kollektiven Produkten tun sollten. Oft haben wir direkten Kontakt zu unseren Kund_innen oder Konsumvereinigungen, die wir als Werktätige dazu aufrufen können, vegan zu konsumieren. Dies alles ist nicht etwa ein Abgleiten in gewerkschaftsferne Themen, sondern vielmehr eine ordinär syndikalistische Aufgabe; die Produktion ethischer zu gestalten. Nicht zuletzt sollte die Frage nach einem Ende der Tierausbeutung Gegenstand organisationsinterner Weiterbildung und Diskussion sein und bleiben.

Wolf Meyer, Basisgewerkschaft Nahrung und Gastronomie

1) Bundestagantrag Drucksache 17/11148
2) Melanie Joy, Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen, 2. Auflage, compassion media, Münster 2013
3) ebd und schlachthof-transparent.org _

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