Dieser Artikel kann es nicht leisten auf die Vielzahl von ethischen, philosophischen, ökologischen und sozialen Gründe einzugehen, deren Konsequenz nur der Verzicht auf Tierprodukte in jeder Form sein kann. Dieser Artikel beleuchtet zunächst die Situation der Arbeitenden in der Tierindustrie und Ansätze syndikalistisch einen Beitrag zur Tierrechtsbewegung zu leisten.
Auch der Mensch leidet an Tierausbeutung
Es sei eingangs noch einmal erwähnt: Die wahren Leittragenden der Tierausbeutung sind eben nicht die Menschen. Allein das Leid der gefangenen, gequälten und ermordeten Tiere sollte völlig ausreichen, diese Industrie zu boykottieren und Alternativen zur Tierausbeutung aufzubauen. Doch auch für die Beschäftigten ist die Tierindustrie gesundheitsschädlich, oft genug mörderisch. Was sie mit den Wesen gemein haben, die sie gefangen halten und töten, ist, dass auch sie von ihren Bossen als Ressourcen betrachtet werden, deren Leben und Glück unwichtig ist, sofern es dem Profit im Wege steht.
Wer bspw. in einem Schlachtbetrieb arbeitet, verbringt den gesamten Tag oft bis zu den Knöcheln in Blut stehend, bei ohrenbetäubendem Lärm und mit heftiger Akkordarbeit. Die Feuchtigkeit der Böden, die Unberechenbarkeit der Tiere im Todeskampf und das eingesetzte Werkzeug verursachen eine Fülle von schweren Arbeitsunfällen. Laut einem Bundestagsantrag der SPD erlitt im Jahr 2010 jeder 10. Beschäftigte eines Schlachtbetriebs einen Arbeitsunfall. 1) Übrigens: „Biotiere“ werden i.d.R. unter denselben Bedingungen transportiert und geschlachtet wie die aus Massentierhaltung.
Wenig besser sieht es in Mastanlagen aus: Staub, Keime und Gase, die durch Massentierhaltung entstehen, führen u.a. zu schweren Atemwegserkrankungen, Fortpflanzungsstörungen, Nervenkrankheiten und Krampfanfällen bis hin zum Koma. 2)
Eine andere gesundheitliche Folge ist die psychische Belastung der Beschäftigten, v.a. in den Schlachtbetrieben. Gewalt stellt immer eine psychische Belastung für Menschen dar. Das alltägliche Quälen und Töten von tausenden Individuen per Hand geht an niemandem spurlos vorbei. So berichten viele Schlachtarbeiter_innen von Traumata, Depressionen, sozialer Unterkühlung, Gewalttätigkeit, Drogenmissbrauch und anderen Folgen ihrer Arbeit, die ihr Leben und das ihrer Familien zerstören. 3) Psychische Berufsrisiken in Schlachtbetrieben werden dabei abseits von persönlichen Berichten kaum thematisiert.
Auch wirtschaftlich sieht es für die Kolleg_innen mies aus. In vielen Betrieben sind laut NGG nur noch 10-30% der Arbeitenden als Stammbelegschaft beschäftigt, die restliche Arbeit wird von Leiharbeitenden und Werksvertragler_innen erledigt. Der Mindestlohn wird oft durch illegale Überstunden unterlaufen. NGG-Sprecher_innen reden dabei von 10-20 Stunden-Schichten an bis zu 7 Tagen die Woche. Auch die Nichtzahlung von Zuschlägen und Lohnabzüge für Unterbringung, Arbeitskleidung und Werkzeug sind gängige Mittel zum Lohndumping.
Die meisten Kolleg_innen mit unsicheren Beschäftigungsverhältnissen werden von Subunternehmer_innen aus Osteuropa, v.a. Rumänien mit falschen Versprechungen, hergelockt. Auch hier ergibt sich ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, weil die Kolleg_innen meist gar nicht oder nur schlecht ausgebildet sind. Der Beruf ist außerdem meist nicht freiwillig gewählt, was die Anfälligkeit für psychische Schäden erhöht.
Oft verschulden sich die Kolleg_innen schon um zum neuen Arbeitsplatz vermittelt zu werden und zu reisen. In Deutschland angekommen schrumpft das versprochene Gehalt von meist 1900,- € durch oben erwähnte Abzüge auf Löhne zwischen 800,- bis 1100,- €, z.T. auch noch weniger. Die Kolleg_innen arbeiten im Akkord, sodass keine Zeit für Erholung oder gar Aufbegehren bleibt. An Besuche in der Heimat ist bei Gehalt und Arbeitszeiten schon gar nicht zu denken. Sie bleiben isoliert, in maroden Gemeinschaftsunterkünften, z.T. sogar im Wald zusammengepfercht in einem Land, dessen Sprache sie meist nicht sprechen und dessen Gesetze sie kaum kennen. Dazu kommen nicht selten verbale Drohungen und tatsächliche schwere Angriffe auf Arbeiter_innen, die sich beschweren oder Aktionen starten. Betroffene berichten dabei immer wieder über direkte Verbindungen der Subunternehmer_innen zu Mafia- und Rocker-Strukturen.